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20.11.2020

AOK-Bundesverband Reformideen fürs AMNOG

Berlin (pag) – Der AOK-Bundesverband macht sich für eine Reform des AMNOG stark. Es geht insbesondere um das erste Jahr, in dem der Hersteller den Preis seines neuen Arzneimittels frei festsetzen kann. Diese Regelung ist dem Kassenlager schon lange ein Dorn im Auge. Der AOK-Bundesverband schlägt einen vom GKV-Spitzenverband zu berechnenden Interims-Preis vor.

Basis dafür sollte die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgelegte Vergleichstherapie sein. Für einen Dialog zu Ideen und Methodik sei man offen, meint die Arzneimittelexpertin des Verbandes, Dr. Sabine Richard, auf einer Pressekonferenz. Nach der Preisverhandlung soll der Interimspreis vom Erstattungsbetrag rückwirkend ersetzt werden. Über- oder Unterzahlungen aus der Preisdifferenz seien zwischen den Krankenkassen und dem Hersteller auszugleichen. Für Richard ist die Kombination von Rückwirkung und Interimspreis ein fairer Ausgleich zwischen GKV und pharmazeutischem Unternehmen. Der AOK-Bundesverband will außerdem die Phase bis zum Vorliegen des Erstattungsbetrags deutlich verkürzen – von zwölf auf neun Monate. Wie viel Einsparungen die GKV mit dieser Regelung realisieren könnte, beziffert der Kassenverband nicht.

Die Forderung ist in einem Positionspapier zu „Perspektiven für die Arzneimittelversorgung“ enthalten. Darin fordern die Allgemeinen Ortskrankenkassen, den Sonderstatus von Orphan Drugs im AMNOG-Verfahren zu streichen. Sie verlangen ferner, Arzneimittel mit unsicherer Evidenz ausschließlich in qualifizierten und auf das Krankheitsbild spezialisierten Einrichtungen einzusetzen und auf Behandlungsfälle mit besonders hohem medizinischem Bedarf zu begrenzen. Außerdem sei die anwendungsbegleitende Datenerhebung auszuweiten: Sie solle für alle Arzneimittel offenstehen und auch „adäquate klinische Studien nach der Zulassung umfassen“.

Weitreichend erscheint zudem die Forderung des Kassenverbandes, der G-BA möge wirkstoffgruppenbezogen die Erstattungspflicht außerhalb von Standardtherapien freistellen. So könne bei definierten Anwendungsgebieten ein „krankenkassenindividuelles Portfolio außerhalb eines verpflichtenden, einheitlichen Basiskatalogs angeboten werden“. Auf Nachfrage stellt Richard allerdings klar, man wolle mit solchen Einzelverträgen die Tür „nicht ganz“ schließen: Für besonders gelagerte Anwendungsfälle sollten auch nicht vertragsgebundene Medikamente verfügbar bleiben.

Link zum Positionspapier:

https://www.aok-bv.de/imperia/md/aokbv/positionen/positionspapiere/positionspapier_perspektiven_fuer_die_arzneimittelversorgung_2020_final.pdf