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24.07.2019

IQWiG Viele Arzneimittel ohne belegten Zusatznutzen

Berlin (pag) – Laut Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sind mehr als die Hälfte der Arzneimittel, die seit dem Jahr 2011 auf den deutschen Markt kamen, „ohne belegten Zusatznutzen aus der frühen Nutzenbewertung hervorgegangen“.

Mitarbeiter des IQWiG untersuchen in einer Veröffentlichung im British Medical Journal anhand der ersten 216 Bewertungen die Gründe für diese Bilanz und entwickeln Verbesserungsvorschläge für die Arzneimittelentwicklung. „Es gibt drei Gründe für das Fazit ‚Zusatznutzen nicht belegt‘“, erklärt Beate Wieseler, Leiterin des Ressorts Arzneimittelbewertung im IQWiG und Erstautorin des Artikels. Häufig gebe es keine Studien, in denen der neue Wirkstoff mit der sogenannten zweckmäßigen Vergleichstherapie verglichen werde – also mit der Standardtherapie für die Erkrankung. Dann gebe es Studien, aber die Vergleichstherapie passe nicht, weil sie zum Beispiel für die untersuchten Patienten gar nicht zugelassen sei. „In dieser Situation gibt es keine Informationen, die die Entscheidung von Patienten und Ärzten für eine der vorhandenen Therapiealternativen unterstützen könnten“, sagt sie. Bei einem kleineren Teil der Fälle gibt es zwar korrekte vergleichende Studien, aber der neue Wirkstoff zeige keine eindeutigen Vor- oder Nachteile gegenüber der Standardtherapie.
 
Ein Grund für die Situation könnten laut IQWiG beschleunigte Zulassungsverfahren sein, „die immer weniger Zeit lassen, aussagekräftige Daten für die Anwendung der Arzneimittel zu sammeln“. Bisher ließen sich die Informationsdefizite durch sogenannte Post-Marketing-Studien – auch Anwendungsbeobachtungen genannt – nicht beheben. Diese würden kaum durchgeführt und veröffentlicht und bestätigten nur selten die „Überlegenheit der neuen Wirkstoffe“. Wissenslücken nach der Zulassung zu identifizieren und mit aussagekräftigen Daten zu schließen, sei daher eine wesentliche Aufgabe für die Zukunft. Bereits ab Marktzugang sollen laut Autoren des Berichts verbindlich aussagekräftige Vergleiche zur Standardbehandlung verlangt werden.