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Interviews
26.11.2014

Interview des Monats mit Prof. Michael Hallek „Versorgung von Krebspatienten muss reformiert werden“

Köln – Eine Neuorganisation des Gesundheitswesens und der Patientenversorgung hat kürzlich Prof. Michael Hallek auf einer Veranstaltung der Universität zu Köln gefordert. Im „Interview des Monats“ erklärt der Krebsmediziner, worum es ihm genau geht.

Warum halten Sie eine Reform der Patientenversorgung für notwendig?

Eine Reform der Versorgung von Krebspatienten halte ich deshalb für notwendig, weil die derzeitigen, sehr schnellen Erkenntnisfortschritte in der Onkologie uns zwingen werden, im Gesundheitswesen bestimmte Veränderungen einzuführen. Eine Zusammenarbeit über die Sektoren hinweg wird zwingend notwendig werden. Ebenso wird es sinnvoll sein, die Kooperation zwischen den einzelnen Facharztgebieten zu intensivieren. Der Grund dafür liegt in der immer wichtiger werdenden molekularbiologischen Diagnostik und der Durchführung zielgerichteter Therapien. Hierbei werden definierte Signalwege in unterschiedlichen Tumorerkrankungen behandelt werden. Die dabei notwendigen diagnostischen Schritte und Therapieverfahren sind sehr komplex und müssen in Kompetenzzentren oder Kompetenznetzen koordiniert werden.

Wo sehen Sie den drängendsten Reformbedarf?

Der drängendste Reformbedarf besteht eindeutig bei den Krebserkrankungen. Außerdem ist bei vielen chronischen Erkrankungen ein erhöhter Abstimmungsbedarf zwischen den beteiligten Leistungserbringern im Gesundheitswesen erforderlich. Innovationen im Gesundheitswesen müssen in Form von klinischen Studien getestet werden, die nach der Zulassung beginnen. Diese Studien müssten Neuerungen permanent evaluieren und dafür sorgen, dass wir den Stellenwert neuer diagnostischer und therapeutischer Verfahren im Praxisalltag, zum Beispiel bei älteren Patienten oder in bestimmten Kombinationen erarbeiten. Zulassungsstudien bringen hier wenig Evidenz. Dies zu leisten, wird eine ganz wichtige Aufgabe der solidarisch organisierten Gesundheitswesen in Mitteleuropa sein.

Wie bewerten Sie die Umsetzungschancen?

Die Umsetzungschancen sind im Moment eher als schwierig einzuschätzen, wenn die Politik nicht den Mut aufbringt, eine so komplexe Frage wirklich grundsätzlich neu anzugehen. Wir sind jedoch mit der Gesundheitspolitik im Gespräch und hoffen, dass unsere Ideen dort Gehör finden.