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Interviews
25.09.2012

Interview des Monats mit Prof. Detlev Ganten „Jetzt muss auch etwas bei den Patienten ankommen.“

Die internationale Forschungselite trifft beim World Health Summit (WHS) auf Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und Gesundheitswesen. Der Initiator des Gesundheitsgipfels und ehemalige Charité-Vorsitzende Prof. Detlev Ganten meint: „Gesundheit ist mehr als Medizin und erfordert ein interdisziplinäres Forum wie den World Health Summit. Nur so können die Fortschritte der Forschung den Menschen weltweit zugutekommen.“ Der Gesundheitsgipfel findet im Oktober zum vierten Mal statt. Im „Interview des Monats“ verrät der Kongresspräsident die Highlights der diesjährigen Veranstaltung und erklärt, wie der Summit konkreten Einfluss auf die Versorgung nehmen kann.

Wie lauten die spannendsten Fragen des Gesundheitsgipfels 2012?

Ganten: Da wir den World Health Summit 2012 unter das Motto „Research for Health and Sustainable Development” gestellt haben, sind die wichtigsten Fragestellungen dem Aspekt der Nachhaltigkeit gewidmet. Die Fortschritte in der Forschung sind gewaltig – jetzt muss auch etwas bei den Patienten ankommen.
Der paradoxe Status Quo ist, dass die Menschen allgemein nicht gesünder sondern kranker werden. Zivilisationskrankheiten wie Herzkreislauferkrankungen, Diabetes, psychische Probleme gerade im urbanen Umfeld, Fettleibigkeit – die ganze Reihe der nicht-übertragbaren Krankheiten breiten sich immer drastischer aus. Diese Entwicklung mit all ihren Implikationen muss erkannt und bekämpft werden. Dazu ist ein neues Verständnis medizinischer Ausbildung nötig, das Finanzierungssystem muss verändert werden, es muss Aufklärungsarbeit geleistet werden – die Aufgaben sind so drängend wie mannigfaltig.
Darüber hinaus wird sich ein kompletter Tag dem Thema „Informationstechnologien und Gesundheit“ widmen. Dort geht es um neue technische Möglichkeiten, ihren Einsatz und ihre Risiken. Inhaltlich reicht das von Gesundheitskarte und Telemedizin über die Systembiologie bis zur personalisierten Medizin. Auch hier erwarten wir spannende Diskussionen und Ergebnisse.

Auf welche Referenten freuen Sie sich besonders?

Ganten: Mir liegt jeder Besucher am Herzen, der zum World Health Summit kommt und mit seiner Teilnahme beweist, dass ihm die globale Gesundheitsversorgung wichtig ist. 2012 freue ich mich besonders darüber, dass von Banker Josef Ackermann, über Gesundheitsminister Daniel Bahr und Nobelpreisträger Peter Agre bis zu Zsuzsanna Jakab von der World Health Organization und Gene Walther von der Bill and Melinda Gates Foundation sehr interessante Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft vertreten sind. Diese breite Aufstellung ist uns ein großes Anliegen, da sich der Gipfel als für alle offenes Forum versteht. Die großen vor uns liegenden Aufgaben können wir nur gemeinsam meistern.
Besonders stolz macht mich außerdem eine zu beobachtende Entwicklung der letzten Jahre, dass neben der Teilnahme internationaler Forschungskoryphäen und Nobelpreisträger auch die Zahl unserer Satelliten-Symposien immer beachtlichere Ausmaße annimmt und dabei bis zu agilen Studenten-Konferenzen reicht. Der Ruf des Weltgesundheitsgipfels wird sowohl in die Spitze der Forschung gehört als auch von unseren zukünftigen Führungskräften und Eliten. So ergibt sich eine wunderbare Teilnehmerkonstellation.

Die Weltgesundheit liegt vier Tage in Berlin auf Intensivstation – und was passiert danach?

Ganten: Nach dem World Health Summit 2012 steht für uns schon die Planung für 2013 an, während gleichzeitig die gerade erzielten Ergebnisse ihre Wirkung entfalten. Wir sehen uns dabei nicht als Entscheider, wir bestimmen keine nationale oder internationale Gesundheitspolitik. Wir versuchen aber auf dem Gesundheitsgipfel guten Ideen ein Forum zu geben und neue Verbindungen zu erstellen, die anschießend außerhalb unseres eigenen Aktionsrahmens weiterleben. Das funktioniert in der Realität ziemlich gut: Namhafte Sprecher melden sich auf dem Summit zu Wort, entwickeln Vorschläge, machen auf Missstände aufmerksam, und werden dank der Medien über das örtliche Publikum hinaus gehört. Jeder Teilnehmer nimmt die Ergebnisse der Gespräche und Diskussionen außerdem mit in sein Land. Mit den Nationalakademien werden Stellungnahmen verfasst und an die nationale Regierungen und internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen und die Weltgesundheitsorganisation weitergegeben. Es besteht also ein großer und wahrnehmbarer Aktionsradius.
Viele der Themen und Ergebnisse der Veranstaltung sind diesen Weg schon gegangen. Eines hat sich immer wieder bestätigt: Nichts ist wirksamer als eine gute Idee zur richtigen Zeit. Genau das ist eine der Stärken des World Health Summit. Der Erfolg zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.