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15.01.2024

Triage Juristin warnt vor rechtlichem Dilemma

Konstanz (pag) – Das Triage-Gesetz bringt Ärztinnen und Ärzte in eine Zwickmühle und kriminalisiert sie, ist die Konstanzer Juristin Dr. Alexandra Windsberger überzeugt. Sie plädiert für einen „Rückzug des Strafrechts“ aus der Triage.

Windsberger kritisiert, dass das Gesetz Ärzten verbiete, Kriterien wie Alter, Gebrechlichkeit und Vorerkrankungen bei der Triage heranzuziehen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. „Die zuverlässigsten Kriterien sind verboten.“ Als Konsequenz führe eine Triage nach gegenwärtiger deutscher Gesetzeslage zu mehr Todesopfern als nötig und kriminalisiere jene Behandler, die nach medizinischen Kriterien Hilfe zuweisen.

Laut Simulationsstudien der Universität Augsburg senkt eine ergebnismaximierte Herangehensweise – einschließlich der verbotenen Ex-Post-Triage – die Letalitätsrate um sechs Prozent. „Das Gesetz schreibt momentan das Verfahren vor, das mit der höchsten Letalitätsrate verbunden ist“, konstatiert Windsberger. „Dieser Verzicht auf Effizienz ist nicht rechtfertigbar.“

Die Juristin plädiert dafür, Ärzten mehr Entscheidungshoheit zu geben und die (Ex-Post-)Triage zu entkriminalisieren. „In einem ersten Schritt wäre mit einem Rückzug des Strafrechts aus der Triage viel gewonnen.“

Windsberger plädiert insbesondere dafür, die strenge Differenzierung zwischen Tun und Unterlassen fallenzulassen. „Ist ein Behandlungsabbruch ein Tun oder ein Unterlassen?“, fragt sie. Für die Strafbarkeit spiele das eine große Rolle. Wenn im Fall der Triage beides gleich bewertet würde, verliere die Situation an Dramatik. Ärzte könnten dann Behandlungen zugunsten von aussichtsreicheren Behandlungen abbrechen und Hilfsmittel neu zuteilen, ohne mit einem Tötungsdelikt belastet zu werden.

Im nächsten Schritt appelliert die Expertin an den Gesetzgeber, die momentan verbotenen Kriterien Alter, Gebrechlichkeit und Vorerkrankungen für die Triage zuzulassen – unter der Bedingung, dass dies ausschließlich in einem transparenten und gut dokumentierten Verfahren nach dem Mehr-Augen-Prinzip erfolgen darf. „Es lassen sich Wege für eine effizienzbasierte Triage finden, die mit der Menschenwürde vereinbar ist.“

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