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11.05.2021

Krankenhäuser „Heilsame Reduktion“ der stationären Versorgung?

Berlin (pag) – „Im Durchschnitt waren die Freihaltepauschalen gut und auskömmlich.“ Mit diesem Satz bringt Prof. Boris Augurzky die von ihm und Prof. Reinhard Busse verfassten „Analysen zum Leistungsgeschehen der Krankenhäuser und zur Ausgleichspauschale in der Corona-Krise“ auf den Punkt. Auf einer Veranstaltung von RS Media Consult erläutert Augurzky Hintergründe und entwirft neue Zielbilder stationärer Versorgung.

Mit Blick auf den noch ausstehenden Erlösausgleich, das Krankenhauszukunftsgesetz, Tarifrefinanzierungen etc. glaubt der Leiter des Kompetenzbereichs Gesundheit beim RWI, dass „unterm Strich 2020 ein vergleichsweise gutes Jahr wird“.

Das Gutachten enthält auch detaillierte Angaben zum Leistungsgeschehen. Besonders heraus stellt Augurzky den ganzjährigen Einbruch bei ambulant-sensitiven Fällen: z.B. Hauptdiagnose (HD) Asthma (-29 Prozent), HD COPD (-28 Prozent), HD Diabetes (-17 Prozent). Es handele sich dabei um eine deutlich größere Reduktion als bei den anderen Leistungen.
Der Experte nimmt unter anderem diese Entwicklung zum Anlass, um über die Zukunft der stationären Versorgung grundsätzlich nachzudenken: Kommen wir wieder auf das Vorkrisenniveau? Oder handelt es sich um eine „schöpferische Zerstörung“ analog zur Luftfahrtbranche, die sich bereits umgestellt hat? Er erkennt eine möglicherweise „heilsame Reduktion dieser ganzen Aktivität“ und plädiert für eine neues Zielbild – 100 Prozent Patientenorientierung. Ethisch sei außerdem, was Ressourcen spart – auch Personalressourcen. „Wenn einer weniger Pflegekräfte braucht, weil es einen neuen Ablauf gibt, neue Prozesse oder weniger Bedarfe, dann muss man gefeiert werden.“

Augurzy sieht neue Rollen für Krankenhäuser. Kleine Grundversorger könnten in einem integrierten Gesundheitszentrum aufgehen und zum Prototyp sektorenübergreifender Versorgung werden. Als Vorbild nennt er finnische Gesundheitszentren für primärärztliche Versorgung. Hierzulande sollte aber auch die fachärztliche Versorgung an einem solchen Zentrum angesiedelt sein, ebenso wie Kurzzeitpflege etc. Dass dafür noch viele Hürden zu überwinden sind, weiß auch Augurzky. Er empfiehlt, dieses Zielbild bei künftigen Gesetzesinitiativen stets mitzudenken.

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