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10.08.2022

Elektronische PatientenakteOpt-out ist auf allen Ebenen möglich

Berlin (pag) – Ein von der Bertelsmann Stiftung und der Stiftung Münch in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten untersucht die Gestaltungsmöglichkeiten des Opt-out-Modells bei der Umsetzung der elektronischen Patientenakte (ePA). Das Fazit: Den grundlegenden Regelungen des Datenschutzes wird auch Rechnung getragen, wenn das Registrierungs- und Einwilligungsprozedere der Nutzer vereinfacht wird.

„Der Anteil der Versicherten, die ihre ePA bisher freigeschaltet haben, bewegt sich in Deutschland im Promillebereich“, heißt es in einer Zusammenfassung des Gutachtens. In dem europäischen Rechtsvergleich wurden 2021 die deutschen Regelungen mit denen in Österreich, Estland und einigen Regionen Spaniens verglichen: In diesen Ländern gilt bereits Opt-out. Die Einrichtung und Befüllung der ePA erfolgt ohne Zustimmung der Versicherten.

Dagegen gilt in Deutschland: Versicherte müssen sich individuell bei ihrer Krankenkasse registrieren, um eine ePA überhaupt anlegen und freischalten zu lassen. Bislang haben dies hierzulande knapp 500.000 Versicherte getan. Die Autoren des Gutachtens sehen darin eine Hürde für deren niedrigschwellige Nutzung und fordern, auf die Registrierung zu verzichten.

Neben dem Registrierungsmanagement ist die Frage der Befüllung der ePA ein kritischer Punkt. In den untersuchten Ländern erfolgt auch die Befüllung ohne Zustimmung der Versicherten. Diese müssen ausdrücklich widersprechen, um das Befüllen zu stoppen. Auch die Zugriffsrechte von Angehörigen der Gesundheitsberufe werden einwilligungsunabhängig per Gesetz geregelt. Die Widerspruchsquoten seien dennoch gering, wie die Autoren feststellen.

In Deutschland kann der Gesetzgeber die Krankenkassen ermächtigen, eine Akte für ihre Versicherten auch ohne deren Einwilligung einzurichten und darin Gesundheitsdaten einspeisen zu lassen. Dies solle mit Daten geschehen, die auch rückwirkend erhoben wurden. Sensible Gesundheitsdaten wie eine HIV-Infektion sollten mit besonderer Vorsicht gehandhabt werden. Ein sogenanntes All-in-Verfahren, in dem die ePA unterschiedslos mit allen verfügbaren Gesundheitsdaten befüllt wird, lehnen die Verfasser ab.

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