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30.10.2023

BSG-Urteil Poolärzte sind sozialversicherungspflichtig

Kassel (pag) – Ein Zahnarzt, der als „Pool-Arzt“ im Notdienst tätig ist, geht nicht deshalb automatisch einer selbstständigen Tätigkeit nach, weil er insoweit an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnimmt, hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden. In dem konkreten Fall gilt der Zahnarzt damit als sozialversicherungspflichtig.

Maßgebend seien vielmehr – wie bei anderen Tätigkeiten auch – die konkreten Umstände des Einzelfalls. Dies hat der das BSG entschieden und damit der Klage eines Zahnarztes stattgegeben (Aktenzeichen B 12 R 9/21 R).

Dieser hatte 2017 seine Praxis verkauft und war nicht mehr zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. In den Folgejahren übernahm er überwiegend am Wochenende immer wieder Notdienste, die von der beigeladenen Kassenzahnärztlichen Vereinigung organisiert wurden. Sie betrieb ein Notdienstzentrum, in dem sie personelle und sächliche Mittel zur Verfügung stellte. Der Zahnarzt rechnete seine Leistungen nicht individuell patientenbezogen ab, sondern erhielt ein festes Stundenhonorar. Die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund und beide Vorinstanzen sahen den Kläger wegen seiner Teilnahme am vertragszahnärztlichen Notdienst als selbstständig tätig an. Demgegenüber hat das BSG entschieden, dass allein die Teilnahme am vertragszahnärztlichen Notdienst nicht automatisch zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit zwingt. Vielmehr sei auch dann eine Gesamtabwägung der konkreten Umstände vorzunehmen.

Ärztliche Organisationen befürchten drastische Konsequenzen. Dr. Brigitte Szaszi, Vorsitzende der Landesgruppe Baden-Württemberg im Virchowbund, glaubt, dass „mit sofortiger Wirkung eine bewährte Versorgungsstruktur unserer Notfalldienstversorgung faktisch außer Kraft gesetzt“ gesetzt worden sei. Dem gegenüber ordnet der Vorsitzende Richter Andreas Heinz die Entscheidung Medienberichten zufolge als „spezifischen Einzelfall“ ein – ohne dass daraus zwangsläufig landes- oder bundesweite Konsequenzen entstehen müssten. Anders klingt es beim Hausärztinnen- und Hausärzteverband. Ihm zufolge droht das BSG-Urteil nicht nur den Bereitschaftsdienst, „sondern die ambulante Versorgung in Gänze ins Wanken zu bringen“.
Das Bundesministerium für Gesundheit und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wollen prüfen, welche Folgen das Urteil für den ärztlichen Notdienst hat.

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