ThesenpapierReanimation: Viel Luft nach oben
Nürnberg (pag) – Etwa 113.000 Menschen erleiden jährlich einen Herz-Kreislauf-Stillstand, nur 33 Prozent von ihnen erreichen lebend das Krankenhaus. Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) sieht bei der Reanimation Handlungsbedarf und hat deshalb zehn Thesen zur Verbesserung veröffentlicht. Die Gesellschaft will damit die Quote geretteter Menschen nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand erhöhen.
Von den etwa 113.000 Betroffenen wird nur in rund 60.000 der Fälle mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen. 33 Prozent dieser erreichen lebend das Krankenhaus, elf Prozent verlassen es schließlich lebend und nur 5.000 davon ohne neurologische Folgen.
Ein Expertengremium unter Federführung der DGAI, des Deutschen Reanimationsregisters und des Berufsverbandes Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten hat bereits 2014 zehn Thesen zur Verbesserung der Reanimation erarbeitet. Diese wurden jetzt aktualisiert und enthalten konkrete Forderungen an die Politik.
Die erste Neuerung ist rhetorisch: Statt von einer „Rettungskette“ ist von einer „Überlebenskette“ die Rede. Diese reiche von Prävention bis zur Nachbetreuung. Es sei außerdem immens wichtig, dem einzelnen Bürger seinen Einfluss in der Überlebenskette zu vermitteln. Dafür müsse die Politik notwendige Infrastrukturen schaffen und die Fähigkeiten zum Leben retten bereits in den Schulbildungsplan integrieren. Damit das erworbene Wissen im Erwachsenenalter nicht verloren geht, müssen außerdem Maßnahmen zur Aufrechterhaltung dieser Kompetenzen getroffen werden. Auch deshalb fordert das Expertengremium, das Thema in einem nationalen Gesundheitsziel festzuschreiben.
Ein zentrales Element spielt in den Thesen die Früherkennung und Prävention. Die umgangssprachliche Bezeichnung „plötzlicher Herztod“ als Synonym für den Herz-Kreislauf-Stillstand sei eigentlich nicht korrekt, weil sich der Stillstand durch vielfältige Symptome ankündige, für welche die Menschen sensibilisiert werden müssten, so die Experten. Eine weitere These bezieht sich auf die Patientenperspektive: Um den Überlebenden nach dem Herz-Kreislauf-Stillstand eine hohe Lebensqualität zu ermöglichen, plädieren die Autoren für „Post-Reanimationsambulanzen“.