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23.01.2024

Präexpositionsprophylaxe Eskalierender Mangel an HIV-Medikamenten

Berlin (pag) – „Es ist schlimmer, als wir zu fürchten gewagt haben“, betont Erik Tenberken, Vorstand der Deutschen Arbeitsgemeinschaft HIV- und Hepatitis-kompetenter Apotheken. Er stellt eine erhebliche Unterversorgung von Medikamenten zur HIV-Prophylaxe fest – knapp 90 Prozent der HIV- Schwerpunktpraxen seien betroffen. Besonders kritisch: Eine steigende Anzahl von Neuinfektionen sei zu erwarten.

Die Wirkstoffkombination Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil für die HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) ist in Deutschland kaum noch erhältlich. Es ist das einzige Mittel, das in Deutschland für die HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) zugelassen ist.

Eine Umfrage der Arbeitsgemeinschaft ambulant tätiger HIV-Mediziner:innen (dagnä) belegt den Mangel: Knapp 90 Prozent der HIV-Schwerpunktpraxen sind betroffen. Die Mehrheit könne nur noch reduzierte Packungsgrößen herausgegeben (rund 56 Prozent). Mehr als ein Drittel meldet, dass PrEP-Nutzer die regelmäßige Einnahme der Mittel unterbrechen mussten (36 Prozent). Besonders bedrohlich sei der Engpass für Menschen, die auf Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil zur Behandlung von HIV angewiesen sind – ihnen fehle plötzlich ein lebenswichtiges Medikament. Damit liege ein großer Schaden vor, attestiert dagnä-Vorstandsmitglied Stefan Mauss.

„Wir sind an dem Punkt, vor dem Praxen und Apotheken seit Monaten warnen“, konstatiert Mauss. Mehr als 40.000 Menschen schützten sich hierzulande vor HIV mit PrEP. Dass Neuinfektionen in der Konsequenz in die Höhe klettern, liege auf der Hand. Das Blatt könne wahrscheinlich nicht durch Kompensation mit Herstellern im europäischen Ausland gewendet werden, sind Mauss und Tenberken überzeugt. Deutschland stelle in puncto Mangel zwar einen Negativrekord dar, aber auch in den Nachbarländern könnten gegenwärtig meist nur die Heimatmärkte bedient werden.

Medienberichten zufolge hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im November noch beschwichtigt, die Engpässe könnten kompensiert werden. Nun bestätigt ein Behördensprecher den Ernst der Situation und teilt mit, das BfArM wolle „die Engpasssituation schnellstmöglich abmildern“.

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