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28.05.2019

Krankheitsklassifikation ICD-11: Ärzte können Computerspiel-Sucht diagnostizieren

Genf (pag) – Die Weltgesundheitsversammlung (WHA) der WHO verabschiedet auf ihrem Treffen in Genf die elfte Version der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten (ICD-11). In diesem Katalog wird auch erstmals Computerspiel-Sucht aufgenommen.

Sie verbirgt sich hinter dem Code 6C51. Die „Gaming disorder“ zeige sich nicht nur online, sondern auch offline. Die WHO nennt drei Merkmale in der ICD-11: Betroffene hätten nur noch eine eingeschränkte Kontrolle über ihre Spielgewohnheiten. Dem Gaming werde eine immer größer werdende Priorität eingeräumt – zu Lasten anderer Interessen oder Aktivitäten. Wenn sich negative Folgen bemerkbar machen, hört der Betroffene nicht auf zu spielen beziehungsweise spielt sogar mehr.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärt in der „Tagesschau“, was die Aufnahme der Computerspiel-Sucht in die ICD-11 für das deutsche Gesundheitssystem bedeutet: „Das heißt, dass eine Behandlung in Deutschland möglich ist und finanziert wird durch die gesetzlichen Krankenkassen.“ Von denen meldet sich die KKH zu Wort. Ärzten stünde dadurch „eine eigenständige Diagnose für die Sucht nach Online-Video- und Computerspielen zur Verfügung“, teilt die Kasse mit. Um exzessiv spielenden Patienten zu helfen, sei es vor allem wichtig, die Ursachen für die Sucht zu ermitteln, erläutert Michael Falkenstein, KKH-Experte für Suchtfragen. Das könnten etwa Depressionen oder soziale Angststörungen, aber auch eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sein. Bei diversen Krankheitsbildern, die häufig mit einem Computerspielzwang einhergingen, stellte die KKH von 2007 auf 2017 einen deutlichen Anstieg fest: Depressionen (43 Prozent), Angststörungen (55), Schlafstörungen (60), Rauschtrinken (37) und Tabaksucht (88). Durch die Aufnahme in die ICD-11 könne das Thema enttabuisiert werden, meint Falkenstein.
In die ICD-11 sind außerdem Burn-out und Trennungsangst aufgenommen worden. Laut Deutschem Institut für Medizinische Dokumentation und Information, das am Katalog mitgearbeitet hat, soll die ICD-11 2022 in Kraft treten. Über den konkreten Zeitpunkt einer Einführung in Deutschland seien allerdings noch keine Aussagen möglich.

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