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23.10.2018

Umfrage Jeder vierte Mediziner berichtet von körperlicher Gewalt

Berlin (pag) – Beleidigt, bedroht, angegriffen: Vier von zehn niedergelassenen Medizinern sind bereits mit verbaler Gewalt konfrontiert worden. Etwa ein Viertel hat Erfahrung mit körperlichen Angriffen. Und jeder dritte Arzt fühlt sich ausgebrannt. Trotzdem sind 99 Prozent zufrieden mit ihrer Arbeit. Das sind Ergebnisse des Ärztemonitors 2018 der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und des NAV-Virchow-Bund.

„Ich bin auch schon körperlich angegriffen worden“, erzählt Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des NAV-Virchow-Bundes. Ein Mann sei in seiner Praxis auf ihn losgestürmt. Schlimmeres konnte verhindert werden, weil zwei Patienten eingegriffen hätten. Heinrich und KBV-Chef Dr. Andreas Gassen machen die „gesellschaftliche Verrohung“ sowie ein Antiärzteklima für solche Phänomene verantwortlich. Heinrichs Organisation fordert deswegen, den Straftatbestand „Widerstand gegen oder tätlicher Angriff auf Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen“ (Paragraph 15, Strafgesetzbuch) auf Mediziner auszuweiten.

Trotzdem lieben fast alle Ärzte ihren Job, geht aus der Umfrage unter rund 11.000 Mediziner und Psychotherapeuten hervor. „Die Kehrseite der Medaille ist die Zeit“, hält Dr. Johannes Leinert fest. Er ist Projektleiter beim Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas), das den Ärztemonitor durchgeführt hat. 57 Prozent der Befragten geben an, zu wenig Zeit für ihre Patienten zu haben. Verwaltungsarbeit nehme mit 7,4 Stunden nach Sprechstunden (32,1) Rang zwei in der Aufteilung der Wochenarbeitszeit ein.
Diese geht weiter zurück. Arbeiteten Niedergelassene 2012 noch im Schnitt 56 Stunden, sind es 2018 noch 51. Gassen befürchtet einen „Mangel an ärztlicher Arbeitszeit“. Die Gründe sieht er auch in der Politik, die Modelle wie Medizinische Versorgungszentren fördere und die selbstständigen Ärzte mit neuen Regelungen drangsaliere. Er warnt vor einer Implosion des Systems der ambulanten Versorgung.

Weitere Informationen zum Ärztemonitor finden Sie hier:
www.kbv.de/html/aerztemonitor.php

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