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23.01.2018

Herzforschung Kardiologen verlangen mehr staatliche Investitionen

Berlin (pag) – Der Anteil öffentlicher Geldgeber an den Nennungen als Sponsoren kardiovaskulärer Forschungsprojekte sinkt. Stattdessen gewinnen etwa Medizintechnik-Hersteller an Einfluss. Das stößt bei der Vorstellung des Deutschen Herzberichts 2017 auf Kritik.

Die Autoren des Herzberichts wollten unter anderem wissen, woher das Geld für die kardiovaskuläre Forschung an deutschen Hochschulen und Instituten stammt. Der Analyse widmen sie in ihrem jüngst erschienenen Werk ein eigenes Kapitel: Eine Datenbankabfrage beim ISI Web of Science vom 27. November 2017 zeigt, dass die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG) im kardiovaskulären Bereich vor den National Institutes of Health, der Europäischen Union, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie dem Deutschen Zentrum für Herz- und Kreislaufforschung der in wissenschaftlichen Publikationen am häufigsten genannte öffentliche Drittmittelgeber im Jahr 2016 ist. Auch Stiftungen wie die British Heart Foundation, die französische Foundation LeDucq und die American Heart Association spielen demnach eine wichtige Rolle in der Finanzierung der Herzforschung in Deutschland.
Insgesamt kommen die öffentlichen Geldgeber im Betrachtungszeitraum jedoch lediglich auf einen Anteil von 28,5 Prozent an den Nennungen als Sponsoren wissenschaftlicher Veröffentlichungen. Im Jahr 2011 habe der Anteil noch bei fast 40 Prozent gelegen, heißt es – wobei die Zahl der Nennungen nicht gleichzusetzen sei mit der Höhe der Förderung.

Herzforschung: Medizinprodukte-Hersteller gewinen an Einfluss

Im Gegenzug gewinnen Medizinprodukte-Hersteller diesbezüglich offenbar an Einfluss: Sie unterstützen laut Herzbericht insgesamt 15,6 Prozent der 2016 bewilligten Forschungsprojekte. Damit liegt ihr Anteil an den Nennungen etwa doppelt so hoch wie noch im Jahr 2011 (8,5 Prozent). „Dies dürfte die zunehmende Bedeutung der Device-Therapien in der Kardiologie widerspiegeln“, schreiben die Autoren. Spitzenreiter ist das Medizintechnik-Unternehmen Medtronic mit knapp 5.000 Nennungen, gefolgt von der DFG (rund 4.500) und dem Pharmakonzern Bayer (etwa 3.800). Allgemein machen etwa die Hälfte und damit den Löwenanteil unter den am häufigsten genannten Sponsoren Pharmaunternehmen aus: Zwölf Arzneimittelhersteller haben es unter die Top 25 geschafft.
Prof. Thomas Meinertz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, schmeckt das gar nicht. Er nennt es bei der Vorstellung des Herzberichts „traurig, dass in einem reichen Land wie Deutschland noch immer die Pharmaindustrie und Medizinprodukte-Hersteller die Forschung maßgeblich beeinflussen“. Er fordert mehr staatliche Investitionen in die Herzforschung mit dem Ziel, die wissenschaftliche Unabhängigkeit zu wahren.

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